Vortrag von Prof. Dr. Hans-Rudolf Bork (Institut für Ökosystemforschung, Universität Kiel)
Mittwoch 12.12.2018, 19:30 Uhr, Hohe Landesschule
Die Mythen und die riesigen Steinstatuen der Osterinsel faszinieren Europäer seit ihrem ersten Besuch am Ostersonntag, dem 5. April 1722. Bereits vor weit mehr als einem Jahrtausend entstand die einzigartige Megalithkultur, vor kaum drei Jahrhunderten verging sie.
Hans-Rudolf Bork erforscht seit 2002 gemeinsam mit seinem Kieler Kollegen Dr. Andreas Mieth die einzigartige Natur- und Kulturgeschichte der Osterinsel mit naturwissenschaftlichen Methoden. Entgegen der früheren Lehrmeinung zeigen die Untersuchungen der Kieler Forscher, dass nach der Erstbesiedlung über viele Jahrhunderte ein ertragreicher, nachhaltiger Gartenbau in dichten Palmwäldern vorherrschte. Die zwanzig Millionen Palmen verschwanden dann etwa von 1200 bis 1600 n. Chr.: sie waren von den Bewohnern abgeschlagen worden. Auf vielen Rodungsflächen spülten Starkregen den fruchtbaren Boden ab; der ausgedehnte Gartenbau musste dort aufgegeben werden. Rettete dann eine Innovation die kleine Population der Rapanui, der Bewohner der Osterinsel: die Steinmulchung? Denn mehr als eine Milliarde auf die Böden gelegte faust- bis kopfgroße Steine verhinderten möglicherweise die weitere Abtragung der fruchtbaren Böden durch Wasser und Wind. Verursachte die vorangegangene Bodenzerstörung den ersten starken Bevölkerungsrückgang und den Übergang von der sonnenorientierten Moai-Kultur zum mystischen dunkelheits- und erdbezogenen Vogelmannkult? Oder bedingte die Nutzung der Palmen den Kulturwandel? Gab es gar einen Kollaps, wie Jared Diamond vermutet? Oder haben, wie es der amerikanische Anthropologe Terry Hunt behauptet, Ratten den Wald zerstört? Der Vortragende beantwortet diese Fragen und stellt viele weitere neue Befunde zur außergewöhnlichen Natur- und Kulturgeschichte der Osterinsel vor.