Exkursion am 25.09.2016 in die Lahnmulde zum Thema "Massenkalke"
Unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Kirnbauer (Bochum) hat die Wetterauische Gesellschaft eine Reise in die Südsee genießen können. Diese Südsee war allerdings nicht mehr auf den ersten Blick erkennbar, stammt sie doch aus dem Zeitalter Devon und ist somit etwa 380 Millionen Jahre alt. Bei schönstem Herbst-Sonnenschein stimmten jedenfalls die äußeren Bedingungen in der Lahnmulde, die per Bus erkundet wurde. Die Abfolge der bei der Exkursion besuchten Standorte war so gewählt, dass die Gruppe ausgehend von der Basis Stück für Stück die Riff-Bildung im Gelände kennengelernt hat. Erster Aufschluss war ein Diabas-Steinbruch bei Braunfels-Altenkirchen, dieser wurde von oben, vom Aussichtspunkt „Guck-ins-Lock“, angeschaut. Diabas ist letztlich gealterter Basalt; dieser Basalt entstand durch untermeerischen Vulkanismus. An diesem Standort gab Prof. Kirnbauer eine Einführung in die Zeit vor etwa 380 Millionen Jahren: Im Devon bestand die Erde aus zwei großen Kontinenten: Gondwana im Süden, nördlich davon der Old-Red-Kontinent; beide waren getrennt durch einen Meeresstreifen, der südlich des Äquators lag. Das Gebiet des heutigen Rheinischen Schiefergebirges, und damit auch die Lahnmulde zwischen Limburg und Wetzlar, lagen am Südrand des Old-Red-Kontinents im flachen Meeresbereich. Hier gab es an verschiedenen Stellen vulkanische Inseln; an solchen Stellen ist heute – wie bei Altenkirchen – Diabas zu finden. Der zweite Exkursionspunkt war am Ortsrand von Weilburg Richtung Ahausen. Hier war sog. Kissen-Lava (Pillow-Lava) zu beobachten. Wenn Lava unter Wasser ausfließt, bilden sich aufgrund der Abschreckung „Schläuche“ mit harter Kruste, während innen die Lava noch weiter fließt und immer wieder die „Schläuche“ aufbricht und verlängert. So entstehen kissenförmige Lava-Portionen, die typisch sind für Lava-Ausbrüche unter Wasser. Dies war ein weiteres Beispiel für den Vulkanismus in dem südlichen Flachmeer, in dessen Umfeld sich an verschiedenen Stellen Riffe bildeten. Als dritter Standort wurde ein bis vor wenigen Jahren noch aktiver Kalkstein-Steinbruch im Kerkerbachtal bei Beselich-Schupbach aufgesucht (Lage an der Gemarkungsgrenze zu Gaudernbach). Diskutiert wurden zunächst die Bedingungen für Warmwasser-Riffe. Diese brauchen vor allem Sonnenlicht, d.h. flaches und sauberes Wasser, sowie höhere Temperaturen. Am Rand dieses Steinbruchs war sehr schön der Übergang von Vulkangestein zu Kalkgestein zu beobachten, d.h. die Aufwachs-Situation des Riffs. Basis ist hier ein sog. Schalstein, der aus vulkanischem Lockermaterial entstanden ist. Direkt darüber sind die Relikte der Erstbesiedler im Kalkstein erkennbar; es handelt sich um Stromatoporen, schwamm-ähnliche Organismen, die heute ausgestorben sind. Gut erkennbar war durch Rot-Grau-Farbwechsel im Gestein eine Abfolge von Stromatoporen-Wachstum und Sedimentation. Nach einer Mittagspause war der vierte Aufschluss ein älterer Steinbruch mit kleinem Teich im Wald nordwestlich von Runkel-Wirbelau (an der Gemarkungsgrenze zu Schupbach). Hier hat der Referent zunächst anhand einer Grafik den typischen Aufbau eines Riffes erläutert: Vorriff (schräge Lagen mit gröberem Material), Hauptriff (massiver Aufbau), Rückriff (feingeschichtetes, meist dunkles Material). In diesem Aufschluss war das Vorriff im Blick. Der Kalkstein war tatsächlich recht grob und es konnten verschiedene Organismen, wie z.B. Brachiopoden oder Korallen, in Bruchstücken gefunden werden. In der Wand waren schöne Stromatoporen an ihrer lagigen Struktur erkennbar, z.T. lagen diese umgedreht (in U-Form), was darauf hindeutet, dass sie durch die Brandung abgerissen wurden. Der fünfte Exkursionspunkt war an einem aktiven Steinbruch zwischen Runkel-Steeden und -Hofen (Schneelsberg Nordost). Von einer Straßenbrücke aus wurde der Steinbruch angeschaut und im Wesentlichen drei Gesteinsschichten identifiziert: Oben, an der Oberfläche, war eiszeitlicher Löss. In der Mitte waren tertiäre Schichten (Ton), darunter die hier im Abbau befindlichen devonischen „Massenkalke“ aus dem Hauptriff. Dieser Steinbruch ist für seinen Kegelkarst bekannt: Dieser ist letztlich ein Ergebnis von intensiver chemischer Verwitterung in deutlich wärmerem Klima während des Mesozoikums (Erdmittelalters) und des Tertiärs. Dabei wird Kalkstein gelöst und zurück bleibt überwiegend Ton; dieser wurde teilweise abgetragen oder umgelagert. Interessant ist, dass unter dem Ton einzelne Bereiche des Kalksteins als „Karst-Kegel“ erhalten geblieben sind; diese wurden durch Baggerarbeiten im Steinbruch freigelegt. Auf der Hochfläche oberhalb des Steinbruchs gab es einen guten Rundumblick, um noch einige Aspekte zur Landschaftsgeschichte zu erfahren. Nach Osten hin war die Höhe des Taunus zu sehen, die gar nicht wie ein Gebirge wirkt, sondern eher wie ein leicht erhöhter Riegel. Davor und weiter nach Westen hin war das Lahntal in der Tiefe zu erahnen. Von Limburg im Westen war zumindest der markante Dom deutlich sichtbar. Außerdem waren tertiäre Vulkankegel aus dem Westerwald nach Westen hin erkennbar, insbesondere der, auf dem Schloss Schaumburg steht. (Text und Bilder: Michael Barth, Kerstin Bär) |