Vortrag von Prof. Dr. Peter Prinz-Grimm
Montag 01.02.2016, 19:30 Uhr, Kulturforum
Schon in ihren ältesten Kulturstufen haben sich Menschen mit Steinen beschäftigt und diese nach ihren Eigenschaften für bestimmte Zwecke verwendet. Feuersteine als Rohstoffe für allerhand Gerätschaften wurden über große Entfernungen mitgeführt, ja selbst Riesenblöcke der Megalith-Kulturen finden sich oft weit entfernt von ihrem Ursprungsort. Anders ist es mit den Gesteinen für den Haus- Kirchen- und Festungsbau: Diese wurden in unserem Raum seit der römischen Kolonisation in großem Volumen gebraucht und praktischerweise aus naheliegenden Steinbrüchen beschafft. So ergab sich über Jahrhunderte ein räumlicher Zusammenhang zwischen der regionalen Geologie und dem verwendeten Baustoff, der sich in einem harmonischen Bild des in den Bauwerken verwendeten Gesteinsbestandes äußert. Charakteristisch sind im Südosten der Wetterau die freundlichen roten Gemäuer aus Buntsandstein, aber auch die dunklen basaltischen Festungen im vulkanischen Vogelsberg, die wiederum im Kontrast stehen zu den strahlenden aber schroffen Bruchsteinbauwerken aus Taunusquarzit.
Naturbausteine sind haltbare und zeitlose Baustoffe. Allerdings steht die mechanische Bearbeitbarkeit im Widerspruch zur Verwitterungsresistenz, weshalb sich die richtige Verwendung nicht nur über ästhetische Vorstellungen sondern vor allem aus handwerklicher Tradition und praktischer Erfahrung ergibt. Über viele Jahre nagt der Zahn der Verwitterung an manchem Gestein und verlangt einen Ersatz, der unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten dem Bauwerk gerecht werden muss. Zu diesem Zweck ist es wichtig, die einstigen Herkunftsorte - in der Regel Steinbrüche – zu kennen, und diese gegebenenfalls für den erneuten Abbau verfügbar zu halten. Viel bedeutender ist jedoch das Ziel, zu einer naturraumbezogenen Ästhetik im Bauwesen zurückzufinden. Die Verwendung billiger, aus der ganzen Welt importierter Rohstoffe ist auf den Einzelnen bezogen durchaus verständlich, die Anlage moderner Siedlungen mag in der charakterlosen Vielfalt von Form und Material vielleicht praktisch für den Alltag sein, ist aber austauschbar und überaus langweilig. Erstrebenswert wäre die Bereitstellung und Förderung von lokalen Natursteinen, deren Gewinnung vor Ort durchaus ökologischen Ansprüchen genügen kann, deren Bearbeitung nach unserem sozialen Standard erfolgt und deren geringe Transportkosten der Umweltverträglichkeit dienen.